… ein grandioses Naturerlebnis in der Abgeschiedenheit der schwedischen Natur, auf dem größten Süßwassersee Mittel-Europas.
Ein besonderer Reisebericht, diesmal mit Eindrücken und Impressionen von allen Fahrtenteilnehmern.
Endlich war es soweit… Eine Tour in die traumhafte Schärenwelt Schwedens auf dem riesigen Vänern See, immerhin mit einer Fläche von 5.500 km2 rund 10x so groß wie der Bodensee, stand an. Am Donnerstag den 1. Juni machten sich Simone, Kerstin, BärbelE, FrankR und ich mit 2 Fahrzeugen und 5 Booten auf nach Lackö auf der Insel Kallandsö, wo unsere Touren starten sollten.
Geplant waren 2 Touretappen ab dem Basislager, dem Zeltplatz Lackö Strand. Übernachtet wurde auf den Touren vorwiegend in der freien Natur.
Die erste Touretappe ging in 3 Tagen rund um die Insel Kallandso. Die zweite Touretappe ging dann vom Basislager in Lackö in 4 Tagen nach Eckenas und zurück, mit Querungen des Vänern an der Nord-Südlichen Engstelle in der Mitte des Sees. Diese Aufteilung in 2 Etappen erlaubte es uns, unsere Vorräte zum Teil im Auto zu lagern und zur Halbzeit auf zu füllen, immerhin muss beim Wildcampen so einiges mitgenommen werden. Der Vänern soll angeblich Trinkwasser-Qualität haben. Im Gepäck hatten wir somit einen Wasserfilter und an Kochwasser mangelte es uns nicht. Die Wassertemperatur betrug um diese Jahreszeit etwa 12-14°C, genug für einige von uns, sich nach getaner Paddelarbeit in die kalten Fluten zu stürzen.
Die Wahl der Reisezeit Anfang Juni ist günstig, wenn man die Natur und die Umgebung in Ruhe genießen möchte. Um diese Zeit haben allerdings einige Lokationen noch geschlossen. Die Schweden fangen ihren kollektiven Urlaub erst ab Mitte Juni an. Dennoch ist das Fahrgebiet auf dem Vänern gering frequentiert. Wir sind auf unserer Tour nur 5 andere Paddler begegnet. In der Schwedensaison dürfte das anders aussehen.
Die zurückgelegte Strecke betrug insgesamt 110 Km. Die Tour kann leicht verlängert oder wetterbedingt umgeplant werden. Es gibt in den Schären (der See soll 10.000 Inseln haben) immer gute Möglichkeiten für Windschutz und es gibt überall Rast- und Zeltmöglichkeiten. Achten sollte man allerdings auf die vielen gesperrten Naturschutz- und Vogelschutzgebiete. Der Vänern verhält sich auf den offenen Flächen hinsichtlich Wellenbildung wie die Ostsee. Die Querung des Sees ab Windstärke 4 sollte nur von fortgeschritten Seekajakern unternommen werden.
Die Navigation in den Schären ist durchaus herausfordernd. Gute Seekarten, fahren nach Kompass und sauberes Mitkoppeln sind schon wichtig um den richtigen Weg zu folgen. Immerhin sehen die Vielzahl der Inseln auf dem Wasser eher wie eine breite Landfront aus. Dass es sich um einander überdeckende Inseln handelt, erkennt man im Kajak erst sehr spät.
Als Fahrtbericht und für diejenigen, die diese Tour nachfahren möchten, folgen hier noch einige Details zu den jeweiligen Abschnitten:
Beschreibung der 1. Etappe: Umrundung von Kallandsö,
44 Km in 3 Tagen:
Mit dieser Etappe wird die Insel Kallandsö im Schärenbereich umrundet.
Start/Ziel: Camping „Lackö Strand“, ein schöner Platz mit gutem Wasserzugang und Lagermöglichkeit für die Boote am Strand. Gute Parkmöglichkeit für KFZ.
Vom Startpunkt geht die Fahrt 3 Km nach Süden entlang der Ostküste von Kallandsö, danach abbiegen Richtung Westen in den Uller Sund. Direkt an der Brücke bei Ulleredsbro gibt es eine nette Raststätte mit Steg und Wasserterrasse für die erste Pause. Die Hamburger sind hier ein Highlight!
Danach schlängelt man durch die Schären, vorbei an Stocken Richtung Süd-Westen bis zu den Schäreninseln auf der Ostseite von Kallandsö. In diesem Abschnitt gibt es noch viele Schilfbewachsene Flächen und man ist an den Seen im heimischen MV erinnert.
An der Ostseite von Kallandsö geht es dann zwischen den Schäreninseln nach Norden. Man kann auf diesen Teil der Strecke zur Erleichterung der Navigation auch eine betonnte Fahrrinne folgen. Die Inseln sind hier vorwiegend felsig gemischt mit Baumbestand, also ade Schilffelder und willkommen in der anmutenden Felswelt.
An der Spitze von Kallandsö fährt man dann vorbei an Skaven und Spiken (Gute Verpflegungsmöglichkeit: hier gibt es in der Hafenmeile reichlich geräucherten Fisch und Sonstiges zu kaufen) nach Osten weiter durch die fantastische Schärenwelt. An der Nord-Östlichen Ecke von Kallandsö befindet sich das prächtige Schloss Lackö. Das Gebäude liegt sehr prominent und weithin sichtbar auf einer Halbinsel und ist ein Besuch wert.
Zum Schluss geht es dann noch 3 Km an der Ostküste entlang nach Süden, bis zur Bucht vom Camping Lackö Strand.
Beschreibung der 2. Etappe: Querung des Vänern,
66 Km in 4 Tagen
Mit dieser Etappe wird der Vänern an seiner Engstelle zwischen Kallandsö und Eckenas auf Värmlandsnas von Süden nach Norden und zurück gequert.
Start/Ziel: Camping „Lackö Strand“, wo vor der Fahrt die im Auto gelagerten Vorräte aufgefrischt wurden.
Vom Startpunkt geht die Fahrt 3 Km an der Ostküste von Kallandsö entlang nach Norden, bis zum Schloss Lackö. Ab hier geht es Richtung NW wieder in den Schären, südlich an Stör-Eken und Lill-Eken vorbei, bis zur Insel Ingard. Nun wird ein nördlicher Kurs gefahren, bis zur am nördlichsten vorgelagerten Insel Svarth, wo eine letzte Pause vor der eigentlichen Querung gemacht wurde.
Die Windvorhersage lautete 3 bis max. 4 Bft aus SSW. Also ein ordentlicher Rückenwind ab dem Moment, wo die Landabdeckung aufhörte, allerdings mit ebenfalls ordentlichen Wellen, die schon ein gelegentliches Stützen erforderlich machten. Hier hat man gespürt, dass es auf dem Vänern hoch her gehen kann.
Der Vänern is derart groß, dass das gegenüberliegende Ufer nicht zu sehen ist. Wir konnten bei guter Sicht von Svarth aus allerding unsere Zielinsel auf der anderen Seite schon erkennen. Also Kurs 20° und ab die Post, vorbei am Leuchtturm Stenskar, bis zur vorgelagerten Insel Luro auf der nördlichen Seite des Vänern. Hier haben wir übernachtet und mal wieder einen fulminanten Sonnenuntergang erlebt.
Das Ziel für den 2. Tag war der Campingplatz Eckenäs an der südlichen Spitze von Värmlandnäs. Es ging ab Luron vorwiegend nordwärts durch die immer dichter werdende Schärenwelt, bis zum Hafen und Campingplatz Eckenäs. Es war wenig los in Eckenäs, aber es gibt dort ein Restaurant welches gerade am 7. Juni, ein Nationalfeiertag in SE, geöffnet hatte. Unser Glück!
Am 3. Tag ging die Reise wegen des NW-Winds im Schutz der östlichen Schäreninseln auf gleicher Strecke zurück. Auf der Insel Vitthall legten wir eine Pause ein und besuchten das dortige Inselmuseum, ein verlassenes Bauernhaus das frei betreten werden darf und innen aussieht, als ob die Bewohner gerade das Haus verlassen haben. Auf der Insel Huson fanden wir an einem sehr exponierten Flecken eine tolle Übernachtungsmöglichkeit. Der Sonnenuntergang war wieder Spitzenkino.
Am 4. Tag stand wieder die Querung des Vänern nach Süden an. Diesmal war kaum Wind, also alles in Butter für die Überfahrt. Das sollte sich aber zum Abend hin noch ändern. Ab der vorgelagerten Insel Svarth nördlich von Kallandsö ging es dann auf entgegengesetztem Kurs zum Hinweg, vorbei an Spiken und dem Schloss Lackö, zurück zum Startpunkt Lackö Strand.
Am Abend nach der Rückkehr auf Lackö Strand frischte der Wind auf 4 Bft aus NO auf. Die Wellen hatten auf etwa 20 Km freier Seefläche Anlauf genommen und die Dünung prallte mit furchteinflößender Gewalt auf die Felsen. Jeder dachte sich so sein Teil. Feststeht, dass das halt Fahrbedingungen sind, die man bei einer Querung des Vänern lieber nicht hätte.
Fahrtimpressionen von Simone:
Sommer in Schweden - Midsommar Traum -
Ein Kajakerlebnis in fast ursprünglicher Natur.
Die ganze Zeit habe ich das Gefühl, auf dem Meer unterwegs zu sein, ist schon angemessen auch von einem Binnenmeer zu sprechen.
Was mir besonders gefallen hat:
• Die menschenleere Schärenlandschaft
• Zelten in freier Natur, auch auf Plätzen, die nicht den Anschein machten, dass dort ein Zelt stehen könnte.
• Jeden Tag auf und im Wasser zu sein.
• Die Natur so direkt und intensiv erfahren zu können.
• Die gemeinsame Gruppenerfahrung.
• Meine Regenhose und alle anderen Dinge, die geeignet waren, mich vor den unzähligen Mücken zu schützen.
• Die Stimmung am See bei Sonnenuntergang und das Aufwachen mit Blick auf den See - einfach unbezahlbar. Hier mein Lieblingsplatz mit Ausblick:
Fahrtimpressionen von Kerstin:
Ich möchte zunächst Gerard danken, der zur Fahrt einlud, sie fachmännisch vorbereitete und uns, mit seiner aufmerksamen ruhigen Art durch diesen schwedischen Kajaktraum navigierte.
Traumhaft war, so etwas Schönes sehen zu dürfen, ein Privileg. Schön war, die menschenarme Wasser- und Schilflandschaft mit teils kargen flachen Felsen zu sehen, zwischen denen doch oft zarte Pflanzen blühten.
Traumhaft war, wild und in kleiner Gruppe in einsamer Landschaft, nah am Wasser ( und Boot) zu zelten und dann langsam dem Sonnenuntergang zuzuschauen; bei Belieben gab es Plausch.
Traumhaft war, wenn nicht zu viele Ameisen oder Mücken unterwegs waren, das oft weglose Hinterland zu erkunden und z.B. diesen "grönländischen Porst" mit seinen aromatischen Blättern zu entdecken ...
… oder Elchlosung und Elchgebisse zu finden, tiefe Tiertöne zu hören und sich einzubilden, man würde Elche hören (aber es waren Rohrdommeln, wie wir später erfuhren).
Traumhaft war, aber auch luxuriös mit unseren Plastikdingen ausgestattet, in und mit der Natur schlafen zu gehen und dort aufzuwachen …
... und alle Dinge täglich wieder ins Kajak packen zu müssen (Letzteres ... nicht traumhaft, eher etwas lästig, aber gute Gymnastik nach dem Schlaf und die tägliche Erinnerung, dass weniger Zeugs auch gereicht hätte.)
Wobei … Gymnastik gab es auch mit Franks Bewegungsrunde, der wir uns gerne anschlossen, wenn wir/ ich schnell genug das Kajak gepackt hatten. Hierbei und in vielen anderen Situationen, entdeckten wir bisher unbekannte Fähigkeiten innerhalb unserer Gruppe.
Herrlich auch das kurze, weil etwas kalte, Eintauchen ins kühle Nass.
Kaum zu beschreiben sind die Bilder, Szenen während des Paddelns bei Welle, in den ruhigen Schären oder z.B. dieses unwirklich wirkende kleine Leuchtfeuer auf dem Vänern bei spiegelglatter See.
Realität war: Wir waren tatsächlich da, ein Traum wurde wahr… und wahr scheint: die Realität war beeindruckender als das, was wir uns vielleicht vor der Reise vorstellten.
Fahrtimpressionen/Schlagzeilen von Frank:
• Die größte Überraschung: Das Boot ist über Nacht geschrumpft, gestern passte doch noch alles rein!
• Die zweitgrößte Überraschung: In Schweden gibt es keinen Regen und genauso wenig Mücken wie Schweden.
• Was ich vergessen habe: Die Wasserwaage auf der Suche nach einem waagerechten Platz für das Zelt.
• Tierbegegnungen, Fischadler zum Frühstück, Biber zum Abendbrot und Ameisen im Boot, im Zelt und überall.
• Mein größter Irrtum: Die Rohrdommel ist kein Elch und auch kein Nebelhorn.
Frühsport muss sein
Biberaler Existenzialismus
Ein bisschen Kitsch muss sein
Das Vermächtnis des toten Elchs
Großes Wasser und kleine Menschen in kleinen Booten
Fahrtimpressionen von Bärbel:
Vieles war neu. Paddeln über mehrere Tage auf einem Binnenmeer, das berühmt für seine kurze, steile Welle ist. Mit dem Kajak wandern - was braucht man da eigentlich alles? Wie geht das mit dem Proviant? Wie weit kann ich meinen Kram reduzieren? Und passt es dann auch alles ins Boot? Zelten, oh Mann, das habe ich vor 30 Jahren das letzte Mal gemacht! Dann noch in der Wildnis!? Und diese Angelegenheit mit dem Klappspaten? Ja, das war schon aufregend und spannend, weil vieles unbekannt war. Und es war super!!! Wirklich alles!!! Also, es lohnt sich, einfach mal was ganz anderes zu machen!
Zum Schluss noch ein kurzes Fazit aus meiner Fahrtenleitersicht:
Wir waren mal wieder eine super Gruppe (was will man anderes erwarten beim WVS). Die Erwartungen gingen vielleicht etwas auseinander, aber jeder kam am Ende voll auf seine Kosten und fühlte sich wohl. Die Ansprüche an die Teilnehmer dieser Tour waren insgesamt nicht trivial und Neuland für die meisten, mich eingeschlossen. Die Fahrt war für alle so eine Art high-end Tour in der Wildnis und mich hat es durchaus überrascht und erfreut, wie alle voll dabei waren. Das habt ihr alle echt gut gemeistert!
Unbedingt erwähnt werden sollte noch, dass das Wetter und der Wind uns oftmals sehr wohl gesonnen waren. Es war immer trocken und meistens sonnig und der Wind kam zum größten Teil von achtern. Es hätte durchaus anders kommen können, aber für uns war das Wetter halt ein dickes Bonbon auf dieser Fahrt.
Adjö wunderschönes Schweden und vielleicht bis irgendwann mal wieder,
Gerard